#IAMLOST
Jena – Schillerpassage
Das Wiederbelebtes Kaufhaus
Die Geschichte
Als der Jenaer Autohändler Reinhard St. das Einkaufscenter „Schillerpassage“ in Jena 1994 errichten ließ, ahnte er noch nicht, welche Probleme das Objekt über die Jahre hinweg mit sich bringen würde. Bereits bei der Namensgebung stieß man auf erste Konfrontationen, denn der Bezug zu Schiller wurde von den damaligen Stadträten als „Beleidigung und Akt der Instinktlosigkeit“ stark kritisiert.
Zudem scheiterten die Pläne, mit einer neuen Saale-Brücke (Tümplinstraße) einen Direktanschluss an Jena-Ost und somit an die B7 herzustellen. Dieser Anschluss erfolgte erst später mit dem Bau der Wiesenbrücke. Nur zwei Jahre später (1996) war klar, dass die finanziellen Ziele der Schillerpassage nicht erfüllt werden konnten und man versuchte das Einkaufscenter zum Großkino samt Disko und Sauna umzufunktionieren. Dies scheiterte letztendlich daran, dass bewusst ein stadtzentralerer Standpunkt den Vorrang erhielt – das heutige CineStar am Holzmarkt. Die Schiller Passage als Einkaufszentrum war somit zum Scheitern verurteilt und schon bald leerten sich die ersten Geschäfte im Erdgeschoss des Zentrums. Nutzer der Schillerpassage waren die Lebensmittel-Unternehmen Aldi, Wal-Mart, Interspar und Real wie auch der Unterhaltungselektronik-Händler Medimax. Bereits 2011 beendete Wal-Mart seinen Betrieb.
Im Anschluss unterbreitete die Stadt der Betreibergesellschaft verschiedene Möglichkeiten einer Nutzung im Bereich Sport & Freizeit, doch dann herrschte Funkstille. Auf eine Anfrage der OTZ verneinte der Eigentümer eine Stellungnahme. 2013 verlässt auch Real aufgrund des auslaufenden Mietvertrags die Schillerpassage und gleichzeitig auch der Elektronikmarkt Medimax, da kein Nachmieter für Real gefunden werden konnte und das SB-Warenhaus bereits Monate vorher sein Warenangebot immer weiter verringerte. Somit wurde die Schillerpassage 2013 endgültig als „klinisch tot“ erklärt. Für den Eigentümer Reinhard St. der die Schillerpassage bereits im Laufe der Jahre an einen geschlossenen Immobilienfonds verkaufte, er aber trotzdem Hauptanteils eigener ist, hat die Schillerpassage trotz der Situation eine Zukunft.
In einem Gespräch mit der OTZ äußerte er später, dass bereits zwei Ingenieurbüros beauftragt wurden, Vorschläge für eine Neugestaltung der Passage zu erarbeiten. Konkret sollten diese bereits im Januar oder Februar 2014 begonnen werden. Man sprach von Interessenten, einer Nutzung als Handelsstandort auf zwei Etagen und dem kleinen Problem bauliche Zuschnitte ändern zu müssen. Auch die Perspektive als Parkhaus wurden in Betracht gezogen, denn mit dem Campusprojekt am Inselsplatz sowie der Bebauung des Eichplatzes würden in Zukunft weitere oberirdische Parkplätze wegfallen. Zusätzlich zu den 650 bereits vorhandenen Parkplätzen wäre es in kürzester Zeit möglich 450 weitere Plätze auf der Schillerpassage zu schaffen.
Mit den Campus-Plänen hätte die Schillerpassage tatsächlich die Möglichkeit, doch noch ein Teil des Stadtzentrums und als relevantes Einkaufscenter wahrgenommen zu werden. Der Umbaubeginn 2014 blieb aus, von Interessenten keine Spur, die leeren Geschäftsräume verstaubten zunehmend. Doch ganz allein war die Schillerpassage nie. Das Parkhaus wurde weiter genutzt. Nicht nur von Dauermietern oder einem Autohaus, sondern vor allem auch von Jugendlichen, Studenten, Fotografen oder ganz normalen Bürgern, denn eins bot die Schillerpassage auch ohne Geschäfte – einen erhöhten Standpunkt mit Blick auf das Zentrum der Stadt.
Wer dort oben schonmal zu einem Sonnenuntergang oder beispielsweise zu Silvester stand, weiß, dass die verlassene Passage mittlerweile ein Freiraum für viele geworden ist. Leider zog diese Tatsache aber auch Vandalen und Jugendgruppen an, die nichts Gutes im Sinn hatten. Graffitis und Zerstörung sind und waren die Folge. 2017 entstand ein Sachschaden von über 10.000 €, da sich unbekannte Täter Zutritt verschafft hatten, Verglasungen zerstörten und mehrere Feuerlöscher entleerten. Doch dann gab es einen erneuten Lichtblick – mehrere Newsportale berichteten über die nahe Wiederbelebung des ehemaligen Konsumtempels.
Laut Gerüchten solle der Sportartikelhändler Decathlon und Lebensmittelhändler Edeka großes Interesse haben und es seien die Abschlüsse der Verträge zwischen Eigentümer und Anbietern abzuwarten. Bisher dahin waren noch nicht alle bauordnungsrechtlichen Fragen geklärt – aber lösbar und man konnte von einem Totalumbau ausgehen. So zumindest antwortete Bürgermeister und Stadtentwicklungsdezernent Christian Gerlitz von der SPD. Heute wissen wir, dass es nicht nur Gerüchte waren. Mittlerweile wurde die ehemalige Schillerpassage als „Wiesencenter Jena“ reanimiert und ist kein Lostplace mehr.
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